KITA POLITIKTAGE: KITAS JETZT SICHERN!

Forderungen des Bildungsort Natur im Paritätischen Bündnis KitaPolitikTage an die Bayerische Politik

Die Kindertagesbetreuung stellt ein wichtiges Element zur Sicherung von Teilhabe und
Chancengerechtigkeit von Kindern sowie der Vereinbarkeit von Familie mit Erwerbsarbeit
dar. Familien brauchen verlässliche Einrichtungen, mit denen sie gemeinsam ihre Kinder
bilden, betreuen und erziehen. Kinder brauchen einen sicheren Ort, an dem sie sich
gemeinsam weiterentwickeln und gefördert werden, und Mitarbeiter*innen in der
Kindertagestagesbetreuung brauchen gute Rahmenbedingungen, um ihren Beruf auch
bis zum Renteneintrittsalter ausüben zu können.
Seit dem verbindlichen Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung
verzeichnet die Branche durch den fortschreitenden Ausbau von Kindertageseinrichtungen
einen zunehmenden Fachkräftebedarf sowohl in allen Berufszweigen als auch in allen
Regionen bundesweit. In weiten Teilen Bayerns erleben freie wie auch kommunale Träger
für Krippen, Kindergärten und Horte eine nahezu unüberbrückbare Fachkräftelücke,
die sich zukünftig ohne politisches Handeln weiter vergrößern wird. Die Ergebnisse des
Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung bestätigen
und untermauern die längst bekannte und auch spürbare Situation in der bayerischen
Kindertagesbetreuung: Es fehlen im nächsten Jahr ca. 14 500 Fachkräfte.
Der Wandel ökonomischer, politischer und soziodemografischer Rahmenbedingungen
erfordert von den politisch verantwortlichen Akteur*innen längst ein vordringliches
Handeln, um einerseits der besonderen Relevanz der frühkindlichen Bildung für eine
erfolgreiche lebenslange Bildungslaufbahn Rechnung zu tragen. Andererseits sind
verlässliche und planbare Angebote in der Bildung, Betreuung und Erziehung essenziell
für Familien und die Wirtschaft, weshalb das gesamtgesellschaftliche Interesse kurz bis
mittelfristig weiterhin stark zunimmt.
Vor diesem Hintergrund schließt der Paritätische in Bayern ein breites Bündnis aus
Paritätischen Mitgliedsorganisationen in der Kindertagesbetreuung, das gemeinsam
folgende Kernforderungen hinsichtlich der Personalgewinnung in
der Kindertagesbetreuung an die Landespolitik adressiert:

I Finanzierung
1) Die gesetzliche Betriebskostenlücke muss geschlossen werden,
um gleiche Rahmenbedingungen in ganz Bayern zu ermöglichen:
Es darf keinen Unterschied machen, in welcher Stadt oder Gemeinde Kinder in
einer Kindertageseinrichtung betreut werden: Die Qualität der Bildung, Betreuung
und Erziehung darf nicht abhängig von der kommunalen Finanzkraft sein, denn
alle Kinder in Bayern müssen gleiche Bildungs- und Teilhabechancen haben. Über
gesetzliche Rahmenbedingungen muss eine auskömmliche Finanzierung aller
Kindertagesbetreuungseinrichtungen in ganz Bayern gewährleistet sein. Es ist die
Verantwortung des Freistaats, die Einrichtungen in die Lage zu versetzen, gute
Rahmenbedingungen für frühkindliche Bildung und verlässliche Betreuung zu schaffen,
so dass u.a. ein angemessener Personalschlüssel (mind. 1:9,3) vorgehalten werden kann.
Dies ist wesentlich für eine gute Qualität, steigert die Zufriedenheit im Beruf und wirkt
den Abwanderungsbewegungen aus dem Berufsfeld entgegen.

2) Alle Ausbildungsplätze für die Berufsfelder in der frühkindlichen Bildung,
insbesondere die Modelle der Praxisintegrierten Ausbildung (PiA)
und duale Studienplätze, müssen vollumfänglich refinanziert werden:
Alle Einrichtungen müssen in die Lage versetzt werden, als Lernort Praxis Auszubildende
einzustellen und damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels zu leisten.
Dual Studierende müssen zudem während eines Pflichtpraktikums als Ergänzungskräfte
refinanziert und angerechnet werden können.

3) Weiterbildungsmaßnahmen für Quereinsteigende müssen kostenfrei sein:
Menschen mit unterschiedlichen Lebens- und Berufserfahrungen können als
Quereinsteigende zu einer großen Bereicherung des Arbeitsfeldes beitragen.
Um die berufliche Qualifizierung von Quereinsteigenden flächendeckend zu
ermöglichen, muss die Weiterbildung für die Teilnehmenden kostenfrei sein.

II Maßnamen zur (akuten) Linderung des Fach- und Arbeitskräftemangels
4) Fachkräfte für pädagogische Kernaufgaben müssen durch Unterstützungs-
und Verwaltungskräfte entlastet werden:

Durch den gezielten Einsatz von Unterstützungs- und Verwaltungskräften, z. B. bei der
Digitalisierung, bei hauswirtschaftlichen und administrativen Tätigkeiten, kann der
Personal- und Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung unmittelbar gelindert
werden, da den pädagogischen Fachkräften so deutlich mehr Zeit für ihre originäre
pädagogische Arbeit bleibt. Davon profitieren auch die Kinder in den Einrichtungen.
Die über das KiTa-Qualitätsgesetz finanzierten Richtlinien zum „Personalbonus“ und zur
„Förderung von Assistenzkräften (TP 2000)“ kommen diesem Anliegen zwar mittlerweile entgegen, stehen aber aufgrund des begrenzten Budgets des KiTa-Qualitätsgesetzes
voraussichtlich nicht allen Einrichtungen zur Verfügung.
Dazu sind die Fördermittel zeitlich befristet. Es braucht stattdessen eine gesicherte,
dauerhafte und strukturell eingebundene Refinanzierung über die gesetzliche
Betriebskostenförderung.

5) Der Fachkräftekatalog muss um verwandte Berufsgruppen erweitert werden:
Personen aus verwandten Professionen und Disziplinen (z. B. aus therapeutischen
Berufsfeldern) müssen im Fachkräftekatalog Eingang finden. Vor allem im Hinblick
auf inklusiv arbeitende Kindertageseinrichtungen und die vielfältigen Bedarfe der
Kinder stellen diese Berufsgruppen eine Berreichung dar. Um die pädagogische Qualität
sicherzustellen, sollte die Anerkennung als Fachkraft in diesen Fällen mit einer eigens
dafür konzipierten, standardisierten Qualifizierung sowie regelmäßigen Fortbildungen
verbunden sein.

6) Die Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsabschlüsse müssen beschleunigt
werden:
Die Gewinnung und Qualifizierung von Migrant*innen muss verstärkt und konsequent
gefördert werden. Dazu notwendig sind insbesondere transparente und zügige
Verfahren für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und im Ausland erworbener
praktischer Vorerfahrungen. Fördermöglichkeiten vor und während der Ausbildung
müssen stärker ausgebaut werden, z.B. ein flächendeckendes Angebot
für kostenfreie berufsbezogene Sprachkurse.

III Aus- und Weiterbildung
7) Kindertageseinrichtungen müssen zu qualifizierten Ausbildungsorten werden:
Da die Ausbildung von Fachkräften vermehrt in den Einrichtungen stattfindet,
müssen Voraussetzungen geschaffen werden, dass Kindertageseinrichtungen ihre
Aufgabe als Ausbildungsorte professionell und in hoher Qualität erfüllen können.
Dies beinhaltet eine strukturell verankerte und refinanzierte Praxisanleitung.
Die Mitarbeit von praxisintegrierten oder vollschulischen Auszubildenden bzw.
Studierenden in Kindertageseinrichtungen setzt zudem zwingend Ressourcen für
die Vor- und Nachbereitung und die Praxisanleitung voraus.

8) Seiteneinstiegsmöglichkeiten für Höherqualifizierte müssen geschaffen werden:
Wir brauchen einen Seiteneinstieg höherqualifizierter Personen. Verwandten
Berufsgruppen ohne pädagogische Grundausbildung muss es möglich sein, diese
Qualifikation über standardisierte Fortbildungsmaßnahmen zu erwerben und über
einen erweiterten Fachkräftekatalog eine Anerkennung als Fachkraft erlangen zu
können. Multiprofessionelle Teams müssen gestärkt werden, denn sie sind eine Bereicherung für die pädagogische Ausrichtung und werden den vielfältigen
Bedarfen von Kindern besser gerecht. Das modulare Gesamtkonzept der beruflichen
Weiterbildung deckt diesen Einstiegspfad bislang nicht ab.

9) Kindheits- und sozialpädagogische Studienplätze an Hochschulen müssen
ausgebaut werden:
Die Akademisierung der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung kann in
erheblichem Maße die Qualität wie auch die Attraktivität des Berufsfeldes steigern.
Das gelingt jedoch nur, wenn akademisch ausgebildete Fachkräfte attraktive
Anstellungsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten vorfinden. Zudem müssen
duale und berufsbegleitende Studiengänge ebenso wie spezifische Programme
zur Nachqualifizierung ausländischer Akademiker*innen, wie bspw. der BEFAS
Studiengang (Bildung und Erziehung im Kindesalter für Personen mit ausländischen
Studienabschlüssen) ausgebaut werden.

IV Personalbindung und -entwicklung
10) Personalentwicklungsmöglichkeiten im Berufsfeld der frühkindlichen Bildung,
Betreuung und Erziehung schaffen:
Durch den akuten Personal- und Fachkräftemangel wird Personalbindung in der
Kindertagesbetreuung immer wichtiger. Das Berufsfeld benötigt strukturelle
Veränderung und Stärkung der Leitung, um Rahmenbedingungen für
Personalentwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, die fachliche Weiterentwicklung
und Spezialisierung ermöglichen. Diese müssen strukturell in die Teamstrukturen
eingebunden werden, wie auch finanziell für die Fachkräfte wirksam sein.
Dafür braucht es zudem grundlegende Veränderungen in der Tarifordnung und
Refinanzierung.